Kündigungsschutz bei kommunaler Veräußerung

Wolf Rechtsanwälte Kündigungsschutz bei kommunaler Veräußerung

Die Beklagten sind seit 1981 Mieter einer in einem Siedlungshaus gelegenen Wohnung in Bochum. Im Jahr 2012 erwarben die klagenden Vermieter das Hausgrundstück von der Stadt Bochum und traten dadurch in den Mietvertrag ein. Bezüglich der von den Beklagten gemieteten Wohnung enthält der Kaufvertrag dabei die folgende Regelung:

„Die Mieter haben ein lebenslanges Wohnrecht. Der Käufer übernimmt das bestehende Mietverhältnis. Er darf insbesondere keine Kündigung wegen Eigenbedarfs oder wegen der Behinderung einer angemessenen wirtschaftlichen Verwertung aussprechen. Möglich ist lediglich eine Kündigung wegen der erheblichen Verletzung der dem Mieter obliegenden vertraglichen Verpflichtungen […] Für den Fall, dass der Käufer ohne Zustimmung des Verkäufers oder ohne Vorliegen eines außerordentlichen Kündigungsgrundes das Mietverhältnis kündigt, ist der Verkäufer berechtigt, das Kaufgrundstück lasten- und schuldenfrei wiederzukaufen.“

Im Jahr 2015 kündigten die klagenden Vermieter das Mietverhältnis nach § 573a Abs. 1 Satz 1 BGB, der eine erleichterte Kündigung der Vermieters vorsieht, wenn dieser in einem Gebäude mit – wie hier – nicht mehr als zwei Wohnungen selbst wohnt.

Der Bundesgerichtshof hat mit Urteil vom 14.11.2018 (Az. VIII ZR 109/18)  entschieden, dass es sich bei den im Kaufvertrag enthaltenen Bestimmungen zum lebenslangen Wohnrecht der Mieter um einen echten Vertrag zugunsten Dritter (§ 328 BGB) handelt, der dem Mieter der betreffenden Wohnung eigene Rechte gegenüber dem Käufer als neuem Vermieter einräumt und vorliegend die von den Klägern ausgesprochene Kündigung ausschließt.

Schon der Wortlaut der Regelung, in der von einem bestehenden lebenslangen Wohnrecht der Mieter und einer Übernahme dieses Mietverhältnisses durch den Käufer die Rede ist, bringe deutlich zum Ausdruck, dass den Mietern eine eigene gesicherte Rechtsposition auch gegenüber dem Käufer als neuem Vermieter eingeräumt werde. Ihren bisherigen Wohnraum sollen sie lediglich bei selbst zu vertretender erheblicher Verletzung ihrer Mieterpflichten verlieren können.

Für diese Auslegung der vertraglichen Regelungen sei zusätzlich die hohe Schutzbedürftigkeit der Beklagten als langjährige Mieter und die Verantwortung der Stadt Bochum als kommunaler Eigentümer und Veräußerer zu berücksichtigen. Darüber hinaus unterstreiche das für den Fall einer unberechtigten Vermieterkündigung vereinbarte Wiederkaufsrecht der Stadt, dass diese mit den vertraglichen Regelungen erkennbar einen möglichst umfassenden Schutz der Mieter herbeiführen wollte. Vom vereinbarten Kündigungsausschluss mit umfasst ist dabei ohne weiteres auch die vorliegend von den Klägern ausgesprochene erleichterte Vermieterkündigung nach § 573a BGB, die (ebenso wie die ausdrücklich genannten Kündigungen wegen Eigenbedarfs oder wirtschaftlicher Verwertung) ebenfalls eine Pflichtverletzung oder ein Verschulden auf Mieterseite nicht voraussetze.